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Cider-Herstellung

Im Prinzip wird Cider noch genauso hergestellt wie vor Jahrhunderten: Äpfel ernten, Saft auspressen, vor sich hin reifen lassen - fertig. Schon hat man Cider, zumindest theoretisch. Praktisch würde jedoch sehr wahrscheinlich ein saures, stilles, trübes Gemisch entstehen, dass sich als Cider wohl nicht mehr unters Volk bringen lässt. Ganz so einfach ist sie also wohl doch nicht, die professionelle Herstellung des flüssigen Goldes. Die Sortenauswahl der Äpfel ist das A und O: Nicht jeder Apfel, der gut schmeckt, taugt auch für die Pressung. Meist sind es die kleinen, runzligen, sauren Sorten, die sich am besten eignen. Die Sortenauswahl bestimmt maßgeblich das Aroma und bis zu einem gewissen Grad auch, wie süß oder herb der Cider ausfällt. Bevor die eigentliche Produktion beginnt, werden die Äpfel gereinigt und sortiert, danach zu einer Art groben Brei zerschlagen, der dann ausgepresst wird.

Fermentierung

Der Apfelsaft wird anschließend fermentiert. Was dabei geschieht, war lange Zeit unbekannt, Hauptsache, es hat geschmeckt, wenn das Fass nach dem Winter geöffnet wurde. Erst seit Pasteur ist man im Bilde: Fermentieren bedeutet, dass der Fruchtzucker im Cider von Hefepilzen unter anderem in Alkohol und Kohlensäure zerlegt wird. Früher bewerkstelligten dies natürliche Hefen, die von Haus aus im Apfel enthalten sind, inzwischen werden jedoch meist speziell gezüchtete Kulturen beigemischt, um den Fermentierungsprozess optimieren und damit auch den Geschmack beeinflussen zu können. Die Fermentierung bzw. Reifung des Ciders dauert je nach Sorte mehrere Wochen bis hin zu zwölf Monaten. Westons 'Stoword' reift weniger als zwei Monate bis zur Abfüllung, der 'Dabinett' von Gwynt y Ddraig bleibt ein ganzes Jahr im Tank, um nur zwei Beispiele zu nennen. Üblich ist meist ein halbes Jahr - bei echten Premium-Cidern, wohlgemerkt.

Süß und spritzig statt still und trocken

Am Ende des Fermentierungsprozesses wurden große Teile des Fruchtzuckers in Alkohol umgewandelt. Der Cider hat dann meist einen Alkoholgehalt von 7-8% und ist eher trocken, auch die Kohlensäure hat sich größtenteils verflüchtigt - deutscher Apfelwein kommt diesem Zustand recht nahe. Um dem "starken,stillen & trockenen" vorzubeugen, gibt es verschiedene Methoden, am gängigsten ist die Zugabe von Wasser, Apfelsaft und/oder Zucker (eine legitime Vorgehensweise, die auch bei der Weinerzeugung zur Anwendung kommt). Das Problem dabei: Auch dieser Zucker bzw. der Fruchtzucker des Apfelsaftes wird von den Hefepilzen zerlegt. Deswegen wird Cider ab einer gewissen Stufe oft pasteurisiert: Dadurch wird die Hefe abgetötet und die Fermentierung beendet, außerdem macht dieser Schritt den Cider sehr viel haltbarer - so gut wie alle Cider werden daher inzwischen pasteurisiert, dem Geschmack tut das praktisch keinen Abbruch - auch wenn einige selbsternannte Experten hin und wieder das Gegenteil beschwören. Alternativ lässt sich Süßstoff beisetzen, denn der wird von der Hefe nicht zerlegt (Produkte, von denen wir wissen, dass sie Süßstoff enthalten, sind entsprechend deklariert). Dritte Möglichkeit: Die Hefe ab einem bestimmten Zeitpunkt ausfiltern. Gerade große Hersteller kombinieren oft und gerne alle drei Methoden miteinander. Dem "sparkling effect" kann man in allen Fällen mit zugesetzter Kohlensäure etwas auf die Sprünge helfen.

Kontinentale Varianten: Mehr als Apfelwein & Cidre

Eine natürliche Methode, dem "stillen trockenen" vorzubeugen, ist, den Cider abzufüllen, bevor der Fermentierungsvorgang abgeschlossen ist, auch das verleiht ihm Spritzigkeit und Süße - ähnlich wie bei dem vor allem im süddeutschen Raum bekannten, äußerst süffigen Federweisser (Traubenmost, der noch gärt). Allerdings ist dann die Haltbarkeit, vor allem aber die gleichbleibende geschmackliche Qualität mitunter begrenzt, sodass diese Methode nicht die beste für eine große Vermarktung ist. Kompliziert ist die exklusive, in erster Linie in Frankreich angewandte Méthode Champenoise bzw. Traditionellé, bei der jeder Flaschenabfüllung etwas Zucker und Hefe beigesetzt wird, um erneut eine Fermentierung im kleinen Maßstab einzuleiten. Praktisch kommt dieses hervorragende Verfahren in Großbritannien nicht zum Einsatz, da es extrem hoch besteuert ist: Rund 2 Pfund pro Liter werden fällig (Stand: 2010) - warum, weiß eigentlich keiner so genau, mit Ausnahme einiger Lobbyisten vielleicht.

Blending

Viele Cider werden nicht aus einer Apfelsorte hergestellt, sondern verschnitten. Das Blending hat zwei Vorteile: Zum einen kann dadurch ein ganz bestimmter Geschmack definiert werden, zum anderen wird ein gleichbleibender Geschmack auch bei der Massenproduktion gewährleistet. Nach dem Blending wird der Cider gefiltert (sonst wäre er äußerst trüb - selbst der 'Cloudy Scrumpy' von Westons wird etwa fünfmal gefiltert) und, wie bereits erwähnt, in der Regel pasteurisiert, um ihn länger haltbar zu machen. Zur weiteren Konservierung werden meist zusätzliche Sulfite hinzugefügt, die aber als natürliches Produkt bereits von Haus aus in nahezu allen Weinen bzw. Fruchtweinen enthalten sind.
 Somit dürfte geklärt sein, warum Cider im Gegensatz zu vielen deutschen Apfelweinen so wunderbar spritzig ist (Kohlensäure), und vor allem nicht so sauer. Vereinfacht gesagt: Lässt man Apfelsaft einfach so vor sich hin reifen, erhält man ziemlich herben Most. Um "typischen" Cider zu bekommen, muss man der ganzen Geschichte schon ein klein wenig auf die Sprünge helfen. Hat Sie unsere kleine Abhandlung durstig gemacht? Dann bestellen Sie sich doch am besten gleich ein paar Flaschen Cider ...
Quellen: National Association of Cider Makers, UK (NACM); J. Briggs, T. Bruning: Cider (St. Albans 2009); ciderpages.blogspot.de